Doris Gutsmiedl-Schümann

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Doris Gutsmiedl-Schümann

Doris Gutsmiedl-Schümann

5 Minuten Lesezeit

Vor einigen Monaten wurde ich auf Instagram auf den Archaeo Book Club (https://www.instagram.com/archaeobookclub/) aufmerksam. Er wurde dort folgendermaßen beschrieben:

We’re an online international community who share a love of archaeology and books! Our members include archaeologists, professionals in a related field, and archaeology enthusiasts. Through our Discord server, we chat regularly about both related and unrelated topics, have monthly live book chats, and biweekly live writers meetups.

Dies klang interessant für mich, daher bin ich beigetreten. Ich habe mich nun an bereits drei monatlichen Leserunden beteiligt, und das vierte Buch gerade angefangen. Daher dachte ich, es ist an der Zeit, den Archaeo Book Club auch auf meinem Blog einmal vorzustellen.

Der Archaeo Book Club ist eine Online Community auf Discord: Durch den Beitritt zum Discord Server tritt man auch dem Club bei. Neben dem Instagram-Account gibt es auch einen Podcast und regelmäßige Live-Events, deren Aufzeichnungen auf YouTube verfügbar sind.

Herzstück des Archaeo Book Clubs sind aber natürlich die gemeinsam gelesenen Bücher. In der Regel gibt es ein monatliches Thema, zu dem zunächst Buchvorschläge gesammelt werden. Drei der Bücher werden dann zur Abstimmung gestellt. Neben inhaltlichen Kriterien sollten die vorgeschlagenen Bücher auch allen Mitgliedern zugänglich sein, und sich preislich im Rahmen halten. In der Regel werden daher englische Bücher gelesen; wenn es davon aber eine Übersetzung gibt, oder es ein im Original in einer anderen Sprache verfasst und ins Englische übersetzt wurde, ist es durchaus in Ordnung, eine anderssprachige Version zu lesen – oder zu hören. Hörbücher werden im Archaeo Book Club selbstverständlich mit hinzugezählt: Es liegt dann eben an den Vorlieben der Mitglieder, ob sie in einem Monat das Buch lieber lesen oder hören.

Gelesen werden sowohl (populäre) Sachbücher als auch fiktionale Werke. Dabei sind die Genres sehr breit gestreut. Diese Bandbreite war für mich einer der Gründe, dem Buchclub beizutreten: Ich lerne gerne neue Bücher kennen, die sich in irgendeiner Weise mit Archäologie oder Vergangenheit beschäftigen.

Jedes Buch erhält auf Discord einen eigenen Kanal, wo die Lesenden es kommentieren und diskutieren können. Da wir alle in unterschiedlichem Tempo lesen, werden Spoiler zunächst geschwärzt, und nur durch separates Anklicken sichtbar. Am Ende jedes Monats gibt es ein digitales Treffen auf Discord, wo das Buch noch einmal besprochen wird; darüber hinaus habe alle, die es gelesen haben, die Möglichkeit, es auf einer Skala von 1 bis 5 zu bewerten. Bilder von den Büchern sowie die Bewertung werden im Anschluss auf Instagram veröffentlicht.

Welche Bücher habe ich nun in den vergangenen Wochen gelesen?

Eingestiegen bin ich mit einem Genre, das mir auch sonst sehr liegt: Science Fiction. Im Juni 2024 haben wir zu dem Thema “Rollicking Adventure” den Roman “Timeline” von Michael Crichton aus dem Jahr 1999 gelesen. Für mich war dieser Einstieg insofern spannend, da ich mich schon einmal an diesem Buch versucht hatte – 2003, als der Film “Timeline” in die Kinos kam. Damals hatte ich nach etwa der Hälfte aufgegeben, da mir die Geschichte, die ich damals in deutscher Übersetzung gelesen hatte, zu wirr und konfus vorkam. Diesmal wollte ich es mit einer englischen Ausgabe versuchen, doch auch die hat mich nicht überzeugt. Immerhin habe ich den Roman diesmal bis zum Ende gelesen. Mein Eindruck war, “Timeline” wusste nicht, was es werden wollte: Ein futuristischer Krimi, in dem seltsame Vorfälle aufgeklärt werden, klassische Science Fiction, mit Fokus auf Technik und den Möglichkeiten der Zeitreise, oder ein sozialkritischer Roman, der die Frage nach Zugänglichkeit von Geschichte und Vergangenheit stellt. Mir fiel zudem (erneut) auf, dass die weiblichen Figuren der Geschichte eindimensional und blass geschrieben waren, während die männlichen Figuren vielschichtig und mit komplexer Backstory dargestellt wurden – ganz abgesehen von einer sehr stereotypen Darstellung des Mittelalters. Dies war am Ende das größte Rätsel für mich, da am Ende des Buches einiges an wissenschaftlicher Literatur genannt wurde, aus der eigentlich ein vielschichtiges und komplexes Mittelalterbild zu entnehmen gewesen wäre: Leider gingen diese Recherchen irgendwo im Entstehungsprozess von “Timeline” verloren.

Im Juli lautete das Thema “USA”; das ausgewählte Buch war “The Vaster Wilds” (deutsch: “Die weite Wildnis”) von Lauren Groff aus dem Jahr 2023. Dieser Roman spielt in Nordamerika im frühen 17. Jahrhundert, und folgt einer jungen Frau, die aus einem Fort früher Siedler und ihrer Abhängigkeit geflohen ist. Ich habe dieses Buch ebenfalls auf Englisch gelesen, und war fasziniert von dieser Geschichte, sowie der Erzähltechnik der Autorin. Das Buch ist zwar durchgehend in der 3. Person und damit aus der Sicht eines neutralen Erzählers geschrieben, die Perspektive ist aber strikt die der Protagonistin – oder, in wenigen Kapiteln, die einer anderen Person, durch deren Augen die Lesenden blicken. Die wenigen Objekte, die die Protagonistin mit sich trägt, sowie die sie umgebende Natur und Landschaft spielen in diesem Roman eine große Rolle, und sind auf eine Art und Weise beschrieben, die mir als Archäologin sehr entgegenkommt.

Der August stand schließlich unter dem Thema “Indigenous Voices”. Auch hier wurde ein fiktionales Werk gewählt: “Lizards hold the sun” von Dani Trujillo. Auch dieses Buch erschien 2023. Hauptfigur in dieser Geschichte ist die indigene mexikanische Archäologin Xiomara Chavez, die in einem Reservat in Kanada zusammen mit der lokalen indigenen Bevölkerung einerseits den Aufbau eines archäologischen Museums bewerkstelligen soll. Andererseits soll unter ihrer Leitung auch die Ausgrabung eines Grabhügels durchgeführt werden, der von dem steigenden Meeresspiegel bedroht ist, und dessen Bestattungen die indigene Bevölkerung an einen anderen Ort umbetten möchte. Der Roman selbst ist wohl am Besten als “Romance” zu klassifizieren: Es geht sehr viel um die Beziehungen der Hauptperson. Eingewebt in diese Geschichte ist aber auch eine Menge Archäologie: Es wird – wie ich finde sehr gut – beschrieben, wie die Archäologin mit Artefakten im Museum umgeht, oder wie sie an einen Survey und an die schon erwähnte Ausgrabung herangeht. Die indigene Perspektive, die Verbundenheit mit dem Land und ihren Vorfahren spielt dabei ebenfalls immer eine Rolle. Alles in allem eine Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

Nun ist der September angebrochen, und das Thema für diesen Monat ist “Everyday Lives”. Ausgewählt wurde diesmal “Roman Woman: Everyday Life in Hadrian’s Britain” von Lindsay Allason-Jones aus dem Jahr 2000. Diesen historischen Roman habe ich noch nicht gelesen: Ich bin gespannt, wie mir dieses Buch gefallen wird.

Wer nun mehr zum Archaeo Book Club wissen möchte, schaut am Besten auf https://linktr.ee/archaeobookclub vorbei: Dort sind die wichtigen Links zum Archaeo Book Club zusammengefasst.


Dieser Blogeintrag ist am 15. September 2024 zuerst unter https://archiskop.hypotheses.org/926 erschienen.

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Forschende - Lehrende - Archäologin | Prähistorikerin - Hochschuldidaktikerin