Doris Gutsmiedl-Schümann

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Gedanken zu “Archäologie und Kommunikation: Warum Schweigen nicht immer Gold ist”, einem Beitrag von Carmen Löw im Archäologieblog von Der Standard.

Bei Recherchen wurde ich auf einen Beitrag von Carmen Löw vom 4.7.2019 aufmerksam: Unter der Überschrift “Warum Schweigen nicht immer Gold ist” schreibt die Autorin im vielbeachteten Archäologieblog der österreichischen Zeitung Der Standard zu Archäologie und Kommunikation – genauer gesagt, zu Archäologie und der Kommunikation mit Personen und Personengruppen außerhalb der Fachwissenschaft.

Die Autorin legt in diesem Text jedoch zunächst die Gründe für ihren Ausstieg aus der Archäologie dar, und es ist zu spüren, dass sich hier im Laufe der Jahre eine ganze Menge Frust aufgestaut hat. Anschließend weist sie auf die Wichtigkeit von Kommunikation hin, und erläutert dies am Beispiel von Not- und Rettungsgrabungen, wo Kommunikation mit den Betroffenen zunächst einmal Verständnis für die Archäologie schaffen solle, um so mehr Zeit und Geld für die notwendigen Arbeiten zur Dokumentation des von der Zerstörung betroffenen kulturellen Erbes erwirken zu können. Als studierte Archäologin und durch weitere Qualifikationen ausgewiesene Fachfrau für Kommunikation erläutert die Autorin, wie sich die Kommunikation mit der Öffentlichkeit mit fortschreitender Digitalisierung und dem Rückgang des klassischen Journalismus verändert hat, und stellt ein einfaches Sender-Empfänger-Modell vor, anhand dessen sie erläutert, warum ihrer Ansicht nach mit den Menschen zu reden nicht gleichbedeutend mit Kommunikation oder Wissenschaftskommunikation ist. Schließlich bemängelt Carmen Löw, dass Kommunikation und Kommunikationstheorie als “[…] Thema bislang kaum Eingang in die Ausbildung der Studierenden im Fach Archäologie gefunden […]” haben, und spricht sich für Kommunikationstrainings für Archäologinnen und Archäologen aus.

Zum letztgenannten Punkt möchte ich hier einige Gedanken aus der Perspektive einer Lehrenden formulieren – und aufzeigen, bei welchen Gelegenheiten im Studium meine Studierenden mit dem von Carmen Löw angesprochenen Kommunikationsmodell in Berührung gekommen sind. Darüber hinaus möchte ich aufzeigen, wie ein typisches Studium selbst zum Trainieren von Kommunikationsfähigkeiten genutzt werden kann bzw. genutzt wird.

Im ersten Semester eines Bachelorstudiums absolvieren Studierende in der Regel ein Grundlagenmodul, das ihnen unter anderem die Techniken wissenschaftlichen Arbeitens nahe bringt. Dazu gehört auch eine Einführung zur Vorbereitung, Ausarbeitung und Ausführung von Vorträgen bzw. Referaten. Um in einem mündlichen Beitrag die geplanten Inhalte zielgruppengerecht zu vermitteln, sind grundlegende Kenntnisse über Kommunikationsprozesse notwendig: Diese lassen sich gut an einem Sender-Empfänger-Modell verdeutlichen, wie es Carmen Löw auch in ihrem Blogbeitrag aufzeigt. Ich nutze dieses Modell gerne, um Studierenden Grundlagen der Vermittlung nahezubringen. Dabei finden sich Studierende während ihres Studiums in der Regel auf beiden Seiten des Modells wieder: Manchmal sind sie “Sender”, die in Vorträgen, Referaten, Posterpräsentation oder Handouts bestimmte Inhalte an die Empfänger bringen wollen, manchmal sind sie “Empfänger”, die von ihren Mitstudierenden in deren Vorträgen, Referaten, Posterpräsentationen oder Handouts angesprochen werden.

Mit jedem Referat, jedem Handout und jeder Posterpräsentation können im Studium die individuellen Kommunikationsfähigkeiten trainiert werden – und dazu braucht es nicht viel: Auf der einen Seite Lehrende, die nicht nur die Inhalte bewerten, sondern auch darauf achten, wie Inhalte präsentiert, vorgetragen und vermittelt werden. Zum anderen Studierende, denen die Möglichkeit gegeben wird, ihren Kolleginnen und Kollegen konstruktive Rückmeldungen zu Vorträgen, Präsentationen o.ä. zu geben.

Eine sehr einfache Methode, die sich in meinen Lehrveranstaltungen bewährt hat, arbeitet mit verschiedenfarbigen Notizzetteln: Studierende werden gebeten, auf einen grünen Zettel etwas zu schreiben, das ihnen an dem Beitrag ihres Kollegen oder ihrer Kollegin sehr gut gefallen hat, auf einen orangenen Zettel etwas, was sie für verbesserungsfähig halten (mit einem Hinweis, wie es besser gemacht werden könnte). Damit die Vortragenden sehen, welche Inhalte bei ihrem Publikum angekommen sind, sollen die Zuhörenden zudem auf einen blauen Zettel schreiben, was sie für die Kernaussage des Beitrags halten. Nach einem Vortrag werden die Zettel in einem Umschlag gesammelt, und direkt dem oder der Vortragenden übergeben – ohne dass ich als Lehrende diese Rückmeldungen zu Gesicht bekomme. Damit wird dann auch deutlich, dass die Rückmeldungen, die die Studierenden sich gegenseitig geben, nicht zur Bewertung der Beiträge herangezogen werden.


Dieser Blogeintrag ist am 15. Januar 2024 zuerst unter https://archiskop.hypotheses.org/431 erschienen.

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Forschende - Lehrende - Archäologin | Prähistorikerin - Hochschuldidaktikerin