Doris Gutsmiedl-Schümann

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Doris Gutsmiedl-Schümann

Representation Matters – eine Zusammenfassung in Tweets

Ein persönlicher Rückblick auf die Session 236 des 27. Annual Meetings der European Association of Archaeologists

Doris Gutsmiedl-Schümann

7 Minuten Lesezeit

Vom 6. bis 11. September 2021 fand unter dem Motto “Widening Horizons” das 27. Annual Meeting der European Association of Archaeologists statt. Auf Grund der nach wie vor aktuellen globalen Covid-19-Pandemie wurde die Tagung erneut rein digital durchgeführt.

Für diese Tagung hatte ich zusammen mit Nicola Scheyhing und Jo Zalea Matias eine Session zum Thema Representation matters – Diversity in Visual Representations of the Past organisiert. Im Folgenden gebe ich eine persönlichen Rückblick auf die Session, die am Nachmittag des letzten Tagungstages auf dem Programm stand.

Visual representation of the past are powerful tools to communicate archaeological research to the general public. Image of the past can be found in popular media as well as in museums, books, and heritage communication, to name a few. These images shape not only the popular perception of the past, but also the popular understanding of archaeological scientific work. In the last few years, the representation of men, women and children in the visual picture of the past has been discussed in detail. However, other aspects of diversity and intersectionality still remain underrepresented, namely the representation of people of color, disabled individuals, and the elderly. Therefore, important members of society are often missing in visual representations of Europeans past. This is especially important as past individuals could serve as integrative links in museums, books and documentations. Representation and visibility in the past matters as much as it does in the present. In this session, we would like to ask for contributions focusing on the diversity of past societies in visual representation and popular science communication. What representation exists, especially for marginalized groups? In which ways are they displayed and in what roles are they represented? Do these create a true representation of the past that can be linked to the archaeological record or do they fall into stereotypes?

Um die Session vorzubereiten, haben Nicola, Jo und ich einen Fragebogen entwickelt, der Stimmen aus den im obigen Abstract genannten marginalized groups einfangen sollte, um auch deren Perspektive im Rahmen der Session, die ja nur den Teilnehmenden des 27. Annual Meetings der European Association of Archaeologists zugänglich war, zu hören. Der Fragebogen wurde sowohl in Englisch, als auch auf Deutsch, in einfacher Sprache verfasst, und stand nach einem Testlauf vom 15. Juli bis 31. August 2021 zur Verfügung. Um ihn auch außerhalb der Archäologien bekannt zu machen, und die genannten marginalized groups auch tatsächlich zu erreichen, wurde es v.a. über unterschiedliche Social Media Plattformen und Kanäle verbreitet. Insgesamt gingen 38 aufgefüllte Fragebögen bei uns ein: 28 auf Englisch, 10 auf Deutsch.

Sowohl die Auswertung der Antworten, als auch die Reaktionen, die das Ankündigen und Verbreiten des Fragebogens in archäologischen Foren hervorgerufen hat, wurden schließlich die Grundlagen für den einführenden Vortrag der Session, der federführend von Nicola Scheyhing geschrieben wurden. Leider verhinderten es technische Probleme mit der Tagungsplattform, dass sie den Vortrag auch selbst halten konnte: Kurzfristig musste hier Jo Zalea Matias übernehmen. Vielen Dank dafür!

Zu unserer Session wurde auch rege getwittert. Diese Tweets, die von @jz_matias, @KarinaIwe, @KarlaDeRoest und @PrehiStorytellr, (in alphabetischer Reihenfolge) verfasst wurden, sollen im Folgenden meinen Rückblick auf die Session ergänzen.

Nachdem unsere Session auf den letzten Tagungstag gelegt wurde, haben wir uns entschieden, mit einem lockeren Einstieg zu beginnen:

https://twitter.com/jz_matias/status/1436677402097242112?s=20

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436673342644396035?s=20

Doch dann wurde es ernst. Jo Zalea Matias hatte es übernommen, den Ablauf der Session vorzustellen, und eine allgemeine Einführung zu geben. Anschließend sollte Nicola Scheyhing mit “Representation matters – how diverse is our visual representation of the de facto past?” eine inhaltliche Einführung in das Thema der Session geben, und die wichtigsten Ergebnisse der o.g. Umfrage vorstellen.

Leider war uns die Technik jedoch nicht gewogen: Obwohl im Testlauf alles funktioniert hatte, konnte unsere Vortragende auf ihrem Computer weder Kamera noch Mikrofon aktivieren, so dass der Vortrag schließlich von Jo verlesen wurde.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436675112896507910?s=20

Der erste Vorrag “Representation matters – how diverse is our visual representation of the de facto past?” stellte einleitend archäologsiche und anthropologische Befunde vor, die konkrete Individuen vergangener Zeit mit sichtbaren Behinderungen, mit dunkler Haut oder mit einem hohen Lebens- bzw. Sterbealter nachweisen, wie etwa die “Schamanin von Bad Dürrenberg” oder den “Cheddar Man”. Diese Individuen werden oft in stereotyper Art und Weise dargestellt: So wird für körperlich eingeschränkte oder behinderte Personen oft angenommen, dass sie eine spezielle Stellung in der Gesellschaft gehabt haben mussten, die entweder besonders herausgehoben, oder besonders niedrig bzw. marginalisiert war.

Anschließend wurden erste Ergebnisse der beiden Umfragen “Vielfältigkeit in der Darstellung früherer Gesellschaften” und “Representation matters – Diversity in the visible picture of the past” vorgestellt.

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436675803551567873?s=20

Im nächsten Vortrag stellten Clara Masriera-Esquerra und Kolleg*innen das Projekt PastWomen vor. Dabei zeigten sie zunächst auf, dass bildliche Darstellungen der Vergangenheit sowohl fachliche als auch populäre Vorstellungen zur Vergangenheit beeinflussen, und damit letztendlich zu einem Zirkelschluss führen. Zudem sie wiesen auf Parallelen in der Bildsprache etwa in der Darstellung von Familien im 18./19. Jahrhundert sowie in Lebensbildern z. B. zur Steinzeit hin. Das Projekt PastWomen möchte mit bildlichen Darstellungen mit bunten Zusammenstellungen von Personen und zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen einen Gegenpol zu tradierten stereotypen Lebensbildern bilden, und stellt hierfür vielfältige Materialen über deren Webseite zur Verfügung: Unter anderem wird jährlich ein bebilderter Kalender zum Download veröffentlicht.

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436679469188722692?s=20

Passend hierzu sprachen Octavio Torres Gomariz und Margarita Moreno Conde anschließend über “Engendering spanish museums: a recent history”.

Nach der ersten Diskussionsrunde in dieser Session ging es weiter mit “Bringing invisible people to the fore: new approaches to representations of the palaeolithic era in museum”. Elli Karkazi arbeitet in diesem Beitrag anhand von vielen Beispielen heraus, dass die stereotypen Darstellungen des Paläolithikums und der oftmals gewählte Fokus auf die Jagd keineswegs mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprechen. Mit gut gewählten Beispielen regt sie einen Perspektivwechsel an.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436690443236958214?s=20

Nach diesem Vortrag hatten wir in unserer Session dann mit technischen Problemen zu kämpfen, so dass wir spontan von der im Tagungsprogramm angegebenen Reihenfolge der Vorträge abweichen mussten.

Als nächstes sprach dann Karina Iwe über bildliche Darstellung und Stereotypen bei den Skythen: “Images of scythian nomadic horse riders in publications and museums”.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436695230242242565?s=20

Für den folgenden Vortrag von Lilian Adlung-Schönheit zu “Who is who in roman foreign affairs or roman strategies of marginalizing the south-east” konnten zeitgenössische Schrift- und Bildquellen herangezogen werden. Leider kennen wir zum Verhältnis des Römischen Reiches zu Indien aus den Texten nur die römische Perspektive; die indische Perspektive muss über zeitgenössische Bilder oder archäologische Quellen erschlossen werden.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436701965992464394?s=20 https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436705522242236418?s=20

Da wir durch unsere technischen Schwierigkeiten schon zu viel Zeit verloren hatten, entschlossen wir uns, den nächsten Diskussion Slot zu überspringen, und gleich mit dem Vortrag von Isabella Foldøy zu “Whitewashing, heteronormativity and eurocentrism: The stone age according to primary school textbooks” fortzufahren. In ihrer Einleitung betonte Isabella, dass der Einfluss auf die Kinder, die in der Regel mit diesen Schulbüchern und ihren veralteten und stereotypen Lebensbildern arbeiten, sich nicht nur auf deren Bild von der Steinzeit auswirkt, sondern auch auf ihre gegenwärtige Weltsicht. Daher sind vorurteilsbehaftete Bilder hier besonders kritisch zu sehen.

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436707438804209670?s=20

Im Anschluss folgte ein Vortrag von Karissa Annis zu “Archaeological representations in visual fiction”.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436712181995905024?s=20

Karla de Roest beschäftige sich dann wieder mit bildlichen Darstellungen für Kinder: “The one-handed hero. Inclusiveness in historical fiction for children”. Dieser Beitrag vereint sowohl negative als auch positive Beispiele; das Phänomen des “Othering”, das bereits in einigen Vorträgen des Nachmittags zur Sprache gekommen war, spielte aber auch hier eine große Rolle.

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436716520881758215?s=20 https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436717655126384640?s=20

Im vorletzten Beitrag sprachen Christina Vidal Lorenzo und Mireia López Bertran über “Visualising the role of past women as artists: A proposal from Arsmaya research group”. Sie zeigten anhand von zwei Fundstellen auf, wie bildliche Darstellungen und Rekonstruktionszeichnungen Frauen und Kinder als aktive Personen zeigen können, die das Leben in ihrer jeweiligen Gemeinschaft tatkräftig mitgestalten.

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436720622109855746?s=20 https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436722094440648709?s=20

Der abschließende Vortrag von Bisserka Gaydarska, Laura Coltofean-Arizancu und Uroš Matić stellt unter dem Titel “What is wrong with this image? Reflecting on past diversity through visual representations of gender stereotypes in archaeology” ein Buchprojekt vor, in dem in Bild und Text gängige Geschlechterstereotypen aufgegriffen, und in kurzen Texten kommentiert und dekonstruiert werden. “Gender Stereotypes in Archaeology. A short reflection in image and text” ist bei Sidestone Press sowohl als e-book als auch als Taschenbuch erhältlich: Die elektronische Publikation kann als PDF kostenlos heruntergeladen werden.

“Diversity is the keyword!” Damit fassen Bisserka Gaydarska, Laura Coltofean-Arizancu und Uroš Matić nicht nur ihren Vortrag, sondern auch die Session passend zusammen.

https://twitter.com/KarinaIwe/status/1436727886044672006?s=20

Fazit: Wir hatten zwar mit technischen Problemen zu kämpfen, aber inhaltlich war die Session ein voller Erfolg!

https://twitter.com/PrehiStorytellr/status/1436735953578627075?s=20

Ein herzliches Dankeschön an alle, die in der Session 236 Representation matters – Diversity in Visual Representations of the Past vorgetragen, teilgenommen, zugehört und mitdiskutiert haben!


Dieser Blogeintrag ist am 14. September 2021 zuerst unter https://archiskop.hypotheses.org/690 erschienen.

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Forschende - Lehrende - Archäologin | Prähistorikerin - Hochschuldidaktikerin